Plagiocephalie: Von der Messmethodik zur zielführenden Behandlung

Plagiocephalie: Von der Messmethodik zur zielführenden Behandlung

Liebe Freunde der Osteopathie,

wir haben noch einen weiteren Workshop bei unserem diesjährigen Kongress zum Thema “Pädiatrie und Osteopathie” vom 20.11.-22.11.2015 in Berlin hinzugefügt.
Wir freuen uns, Sylvie Lessard DO, B.Sc. (CAN) begrüßen zu dürfen.

Sie ist spezialisiert in der Behandlung von Kindern mit Plagiocephalie. Sie publizierte zwei Artikel zum Thema und unterrichtet postgraduiert zum Thema Plagiocephalie. Zudem baute sie ein interdisziplinäres Netzwerk mit Ärzten auf.

Das nachfolgende Interview soll euch einen Einblick in ihre Arbeit geben.

LESSARD

OSD: Was ist neuartig an Ihren Messungen bezüglich Plagiozephalie?

Sylvie Lessard: Die Einteilung der kranialen Asymmetrien und die Quantifizierung ihrer Entstehung zählen zu den wesentlichen Aufgaben eines Osteopathen. Wie beispielsweise, um anderes Fachpersonal und Eltern zu informieren, optimale Behandlungen und Ergebnisse zu fördern und letztendlich die Wiederherstellungskurven zu prognostizieren (um einzuordnen, welche Kleinkinder die Osteopathiebehandlung fortsetzen und welche eine ärztliche Überweisung benötigen). Zurzeit erfassen wir anthropometrische Messungen mit digitalen Messschiebern, aber in unmittelbarer Zukunft werden intelligente Anwendungen wahrscheinlich multizentrische Forschungsprojekte unterstützen. Dies könnte eine Optimierung der Korrekturen bewirken, indem es zu Leitlinien für Teamentscheidungen führt.

OSD: Ist es ausschließlich für die Forschung geeignet oder auch für die osteopathische Praxis bedeutend?

Sylvie Lessard: Anthropometrische Messungen sind einfach und schnell während einer osteopathischen Behandlung durchgeführt. Obwohl sie oft in Forschungsprojekten verwendet werden, empfehle ich dringend diese in jeder Maßnahme, welche kraniale Asymmetrien beinhaltet, durchzuführen (Plagiozephalie, Brachyzephalie und Dolichozephalie).

Des Weiteren fördern anthropometrische Messungen die interprofessionelle Zusammenarbeit (IPC). Indem der Schweregrad des Krankheitsbildes und die Betrachtung der Entwicklung eingeordnet wird, können die Behandlungspläne (in Zeitabständen und während der Maßnahme) verbessert und mit Überzeugung entschieden werden, wann wir dem Kind weitere Untersuchungen zukommen lassen oder wann wir den orthopädischen Helm in Betracht ziehen. Dies dient auch zur Überwachung des Prozesses, unseren derzeitigen Grenzen und wie man möglicherweise über diese hinausgehen kann. Optimale Behandlungen ergeben sich aus dem Informationsaustausch und ich denke, dass Messungen beim Aufbau von Vertrauen zwischen Fachpersonal helfen können.

Darüber hinaus werden solche Messungen benutzt, um den Schweregrad des Krankheitsbildes den Eltern zu erklären, sodass sie zu aktiven Beteiligten für die Lagerung zu Hause werden. Indem sie die Gesamtheit des Krankheitsbildes verstehen, können Eltern wirklich ein Teil des Entscheidungsteams sein und mitbestimmen, was das Beste für ihr Kleinkind ist. Außerdem hilft es, die Eltern zu motivieren, mit ihrem Säugling an der Lagerung zu arbeiten und der Aktivität, während es auf dem Bauch liegt, welches wichtige Bestandteile unserer osteopathischen Maßnahmen sind.

Nachdem wir einmal mit der Nutzung von Messungen angefangen haben, ist es schwierig sich vorzustellen, wie wir ohne sie zurechtgekommen sind. Für den Umfang des klinischen Einblicks, den sie ermöglichen, sind die paar Minuten Untersuchung sehr gut investiert.

OSD: Hat Ihre Arbeit im Bereich der Plagiozephalie die Beziehung zu Ärzt/innen und Kinderärzt/innen verändert?

 Sylvie Lessard: Das Teilen einer gemeinsamen Sprache und die Etablierung von gemeinsamen Behandlungsplänen sind die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Anthropometrische Messungen ermöglichen die Einordnung des Schweregrades und fördern die Teamentscheidungsfindung. Da die Chancen einer Verbesserung mit der Zeit geringer werden, müssen wir sehr wirkungsvoll agieren, um ein Maximum der Wiederherstellung zu ermöglichen und optimale Ergebnisse zu erreichen. Sowohl die Dokumentation und Einordnung des anfänglichen Schweregrades des Krankheitsbildes, als auch die objektive Quantifizierung, um die Weiterentwicklung zu überwachen, werden die interprofessionelle Zusammenarbeit (IPC) fördern. Tatsächlich kommen in meiner Klinik rund 30-50% der Überweisungen mit kranialen Asymmetrien von Ärzt/innen und Kinder/ärztinnen und es ist allgemein üblich, dass ich zu meiner Meinung bezüglich der Chancen der Verbesserungen, der Differentialdiagnostik, … gefragt werde.

OSD: Wie können Sie Plagiozephalie behandeln und was sind Ihre Erfolgsraten?

 Sylvie Lessard: Meiner Ansicht nach ist die Plagiozephalie nur die Spitze des Eisberges. Ich möchte darauf hinweisen, dass es von der Überschneidung von so vielen Kräften kommt (Kompression, Distraktion, Translation, Rotation), sodass ich immer den gesamten Körper anspreche, um so viel wie möglich an Ausrichtung und Mobilität für jeden eingeschränkten Bereich zurückzugeben und besondere Sorgfalt für Wundnähte, C0-C2, Nackenstärke … anzubieten. Die Behandlung von Kleinkindern mit kranialen Asymmetrien erfordert eine umfassende Maßnahme und führt uns zu der Spezifität der Osteopathie mit ihren grundlegenden Konzepten.

Die Ergebnisse (und die Zufriedenheit der Eltern), welche wir jetzt als Team (mit Osteopathie und Lagerung) erreichen, sind sehr sehr interessant und werden mit der Zeit immer besser mit weniger Eingriff, aber dafür einer verbesserten Kostenwirksamkeit.

OSD: Was werden die Teilnehmer/innen in Ihrem (und Cristians) Workshop lernen?

 Sylvie Lessard: Dieser Workshop wird das Wissen umfassen, welches bekannt sein muss, um die Qualität der vorgegebenen Behandlungen zu optimieren. Jede/r Teilnehmer/in wird die Möglichkeit bekommen, grundlegende klinische Kompetenzen bezüglich anthropometrischer Messungen für Plagiozephalie (transkranial diagonal) und Brachyzephalie oder Dolichozephalie (Schädelindex) zu entwickeln. Sie werden die Einschätzung der Skalen des Schweregrades lernen und objektive Messinstrumente, welche im pädiatrisch-osteopathischen Klinikalltag genutzt werden können.

Sie werden auch ein Update der wissenschaftlichen Literatur präsentiert bekommen und Schlüsselfaktoren für eine optimale Behandlung. Letztendlich werden sie dazu angeregt, an ihrer Palpation zu arbeiten und unsere besten Techniken mit nach Hause zu nehmen, um ihre Ergebnisse zu verbessern.

OSD: Vielen Dank für das Interview.

Sichern Sie sich einen Platz in diesem interessanten Workshop.
Weitere Infos und Anmeldung unter: www.osteopathiekongress.de

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