Die Bedeutung komplementärer und alternativer Medizin für Public Health

Die Bedeutung komplementärer und alternativer Medizin für Public Health

Mit diesem Artikel wollen wir die Aufmerksamkeit auf einen weiteren Aspekt lenken, der uns als Therapeuten betrifft. Osteopathie als ein Typ der Komplementär- und Alternativmedizin (CAM für engl. Complementary and Alternative Medicine) mit einem ganzheitlichen Ansatz auf die Gesundheit, bezieht die sozialen, psychologischen und Umweltfaktoren des Patienten mit ein und integriert diese in die individualisierte Behandlung. Wir sind eingebettet also eingebettet in ein umfassendes System von Einflussfaktoren und Akteuren, die sich mit dem Thema Gesundheit befassen. Das Fachgebiet Public Health mit seinem gesellschaftsbetonten Charakter berücksichtigt ebenfalls die große Vielfalt von Gesundheitsdeterminanten wie soziale, psychologische, politische und Umweltfaktoren.

Eine weitverbreitete Definition von Public Health benennt sie als „Wissenschaft und Praxis der Krankheitsverhütung, Lebensverlängerung und der Förderung psychischen und physischen Wohlbefindens durch Maßnahmen, die auf allen gesellschaftlichen Ebenen organisiert werden“, von Donald Acheson aus dem Jahre 1988, später Chief Medical Officer im Department of Health and Social Security im Vereinigten Königreich (WHO Europa 2011). Die American Public Health Association (APHA) verwendet eine andere Formulierung, in der die verschiedenen „Settings“ berücksichtigt werden „(…) in denen Menschen und Gemeinschaften leben, lieben, arbeiten und spielen“ (APHA 2017). Auch in Deutschland hat sich der sogenannte „Setting-Ansatz“ durchgesetzt, um Präventions- und Gesundheitsförderungsmaßnahmen abgestimmt auf verschiedene Lebenslagen zu entwickeln und zu implementieren. Diese Definitionen lassen erkennen, dass politische und soziale Faktoren wichtige Determinanten für Gesundheit auf individueller Ebene und darüber hinaus sind. Ein Beispiel für den politischen Einfluss etwa, ist die Verteilung von Ressourcen auf unterschiedliche Politikbereiche. Die Investitionen der Regierung in den Gesundheitssektor fokussieren eindeutig die Behandlung kranker Menschen anstatt die Erhaltung von Gesundheit und Wohlbefinden und die Prävention von Krankheiten (was ökonomisch betrachtet langfristig die Behandlungskosten senken und die Produktivität steigern würde). 2015 wurden beispielsweise nur 3% der gesamten Gesundheitsausgaben Deutschlands für Prävention und Gesundheitsschutz eingesetzt (GBE 2017). Es ist leicht nachvollziehbar, dass durch diese Prioritätensetzung auch das Gesundheits-/Krankheitsverständnis der Bevölkerung geprägt ist.

Viele alternativ- und komplementärmedizinische Therapieansätze haben eine ganzheitliche Sicht auf die Gesundheit des Menschen, mit dem übergeordneten Ziel der Krankheitsprävention und Verbesserung des Wohlbefindens. Andrew Long, Professor für Health System Research an der Universität in Leeds, veröffentlichte schon mehrere Artikel über die Effektivität von alternativen Behandlungen, wie z.B. Shiatsu oder Akupunktur. Im Jahr 2013 diskutierte er „das Potenzial von [CAM] als eine innovative Methode, um Gesundheit und Wohlbefinden zu verbessern (Long 2013, S.2).

Zudem geht auch Long auf das Verhältnis geringer Ausgaben für Prävention auf der einen Seite und dem deutlich größeren Budget für Gesundheitsversorgung und Behandlung auf der anderen Seite ein. Er hebt die Bemühungen der Weltgesundheitsorganisation in der europäischen Region hervor (WHO engl. für World Health Organisation), um Public Health mehr priorisieren, indem alle Mitgliedsstaaten 2013 in die gemeinsame Handlungsstrategie Health2020 eingewilligt haben. Ziel ist es mehr in die Gesundheit im gesamten Lebensverlauf zu investieren, um die Belastbarkeit („Resilienz“) durch unterstützende Verhältnisse zu fördern. Außerdem argumentierte Long, dass „Health Literacy“ eine Schlüsselkompetenz für die Gesundheit der Bevölkerung darstelle, um Gesundheitsinformationen zu verstehen und bewerten zu können sowie dieses Wissen in die Praxis umzusetzen. So ein „Gesundheitsexperte in eigener Sache“ zu sein bedeutet auch, die eigene Gesundheit und alle beeinflussenden Faktoren wahrzunehmen, wie z.B. Ernährung, Bewegung, Umwelt und das soziale wie gesellschaftliche Umfeld. Daher spannt der Autor den Bogen zu CAM-Behandlungsansätzen, die einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsaufklärung leisten, indem sie das Bewusstsein der Patienten und das Verständnis des eigenen Körpers sowie beeinflussende Faktoren fördern. Weiterhin vermögen sie es individuelle Veränderungen anzuregen, die sich wiederum positiv auf Gesundheit und Wohlbefinden auswirken.

In Deutschland ist die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), neben dem Robert-Koch-Institut, wohl die bekannteste Institution, die im Bereich Public Health tätig ist. Seit 50 Jahren klärt die BZgA über gesundheitsrelevante Probleme in Form von themenspezifischen Kampagnen auf (z.B. „Mach’s mit“ für die Nutzung von Kondomen zur Vermeidung sexuell übertragbarer Infektionen, „Kenn dein Limit“ für die Alkoholprävention bei Jugendlichen) (BZgA 2017). Weiterhin bietet die BZgA eine Vielzahl von Informationsmaterial und Unterstützungsangeboten in jeder Lebenslage an (wie z.B. Familienplanung, Rauchentwöhnung, Ernährung, Bewegung, Stressregulation). Für ganzheitlich arbeitende Therapeuten ist es also lohnenswert, die präventiven und gesundheitsförderlichen Angebote in Deutschland zu kennen, um diese bei Bedarf an Patienten zu kommunizieren und den Therapieerfolg dadurch nachhaltig zu unterstützen.

 
Referenz:
Long AF (2013). Complementary and Alternative Medicine (CAM) and the Public Health: an Innovative Healthcare Practice in Supporting and Sustaining Health and Well-Being. Epidemiology (Open Access), 4:1,1000141
 
Weitere Literatur:
APHA (2017): Website of the American Public Health Association. What is Public Health? https://www.apha.org/what-is-public-health (Last assessed on 14.7.2017).
GBE (2017) Information System of the Federal Health Monitoring. Table „Health Expenditures in Germany in Mio.€“ retrieved from http://www.gbe-bund.de/ (Last assessed on 14.07.2017)
World Health Organisation (2013): Health2020: A European Policy Framework Supporting Action across Government and Society for Health and Well-Being. Copenhagen, WHO Regional Office for Europe
WHO Europe (2011): Strengthening Public Health Capacity and Services in Europe – A Concept Paper by Marks L, Hunter DJ, Alderslade R. World Health Organization 2011
BZgA (2017): BZgA: 50 Jahre Prävention und gesundheitliche Aufklärung. Pressemitteilung vom 6.7.2017. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. (verfügbar unter https://www.bzga.de/presse/pressemitteilungen/?nummer=1149, Zugriff 17.07.2017)

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